Der beste Job der Welt
Unser Grundausbildungslehrgang fragte nach einem kleinen Essay für ein Ausbildungshandbuch. Hier das Ergebnis...
Liebe Anfänger!
“The greatest job I ever had!” (Staff Sergeant Don Collier, US Army)
Willkommen beim neuen „Job“. Ich will ehrlich sein: Wenn ihr euch irgendwann entscheidet, bequeme Wege zu suchen oder mit dem geringsten Aufwand eine Beförderung mehr zu bekommen, werdet ihr genauso zufrieden oder eher unzufrieden wie in jedem anderen Job sein. Wenn ihr aber bereit sein, euch den Herausforderungen der Aufgabe und den Menschen, denen ihr begegnet mit Offenheit, Interesse und Freundlichkeit zu stellen, dann kann und wird der Job erfüllend und befriedigend sein und du wirst nach dem Ruhestand deinen Enkel stundenlang Geschichten erzählen können. Die Suche nach dem Sinn des Lebens ist eher kein Problem, welches Feuerwehrleute haben.
„You go, we go!“ (Captain Stephen McCaffrey, E17, CFD)
Willkommen in der neuen Familie. Egal wo auf der Welt: Wenn du eine Feuerwache besuchst und dich als Kamerad/Kollege zu erkennen gibst, wirst du mit Gastfreundschaft zugeschissen. Genieße, das – aber daraus resultiert auch die Verpflichtung, anderen Kameraden/Kollegen oder Gästen die gleiche Gastfreundschaft zu erweisen. Und auch wenn das der nervige Blaulichtfilmer an der Wachausfahrt ist.
Feuerwehrleute sind natürlich nicht nur charakterliche Superhelden, sondern es gibt auch ziemlich viele Stinkstiefel und merkwürdige Kollegen. Trotzdem solltest du allen mit Respekt und Freundlichkeit entgegentreten. Du kennst ihre Geschichte und Probleme nicht. Und viel wichtiger: Wir schließen keinen aus. Wir achten einander, allein weil wir wissen, dass wir aufeinander angewiesen sind.
"Et si nemo, ego tamen!" - "Und wenn es keiner macht, ich tue es doch!"
Willkommen zu einer lebenslangen Herausforderung. Dabei ist Selbstdisziplin ist die Grundvoraussetzung für ein professionelles Verhalten – dein Charakter zeigt sich gerade dann, wenn kein anderer hinguckt, kein anderer kontrolliert. Jeder ist da selbst verantwortlich seine Reputation. Es gibt Dinge, die kann man nur selbst machen oder bleiben lassen. Kein System, keine Organisation kann mangelnden Respekt sich selbst oder anderen gegenüber ausgleichen.
“Do your job!” (Mark Appen)
Du arbeitest nicht für deinen Vorgesetzten. Wir arbeiten alle nicht für den Feuerwehrchef oder den Bürgermeister. Wir dienen unseren Mitmenschen. Unser Alltag ist oft deren Albtraum. Und selbst wenn uns die Probleme eher banal und leicht lösbar erscheinen – unsere Mitmenschen wussten sich nicht anders zu helfen als die Feuerwehr zu rufen. Also schluck die Enttäuschung runter, dass es kein Dachstuhlbrand ist und dreh den Wasserhahn wieder fest. Wenn es ein Problem ist, was du lösen kannst, dann löse es, auch wenn es vielleicht wenig mit Feuerwehr zu tun hat. Nicht viele Menschen haben die Möglichkeit, ihren Mitmenschen tatsächlich zu helfen oder – besser – mehr zu tun als man eigentlich erwarten würde!
Übrigens: Den Leuten, die unsere Hilfe benötigen ist es wirklich, wirklich scheißegal ob du bezahlt wirst oder nicht, welchen verdammten Dienstgrad du hast, ob deine Klamotten blau, rot oder lila-grün gestreift sind oder wie doll dein Feuerwehrauto beklebt ist. Sie brauchen deine Hilfe, oft auch ein wenig Zuspruch aber immer einen Menschen, der ihnen hilft!
"I'm intelligent. Some people would say I'm very, very, very intelligent." D. Trump
Auch das wird passieren: An irgendeiner Stelle wirst du dich ärgern und dann wird gelästert. Aber in der Geschichte der Feuerwehr wurde noch nie ein Problem gelöst, nur weil man mit einem imaginären Finger auf „die“ oder „den“ gezeigt und sich lustig gemacht. Lästern ist wie eine Droge: Man fühlt sich kurz besser, aber bald braucht man wieder eine Dosis - und es beseitigt nie das Problem. Sei also bitte sehr wachsam, wann aus dem Feixen ein unkollegiales, zerstörerischen Lästern wird. Sprich Probleme an. Führe als Vorbild, nicht als Trommler. Lass dich führen, nimm auch mal Kritik an und sorg dafür, dass andere gut aussehen.
„In einem Fotoalbum mit dem silbernen Knopf, bewahr‘ ich all diese Bilder im Kopf...“ Sido
Wir alle werden Dinge sehen oder erleben die sehr schwer oder eigentlich gar nicht zu ertragen sind. Viele von uns werden im Alltag auf Widerstände und Hürden stoßen, die uns verzweifeln lassen. Alle von uns wird das sehr belasten, einige wird es krank machen. Ich habe hier keine Musterlösung, und der Leichenschnaps ist auch verboten, aber: Niemand ist allein, wenn er nicht allein sein will. Öffnet euch den Kameraden/Kollegen und seid offen für andere. Wir haben alle das gleiche erlebt und gesehen – und das macht es vielleicht ein wenig erträglicher.
Wiebke Thönißen